Menschen | 11. März 2020 | Daniel Adler
Sternekoch Dennis Maier
„Mannheim ist für mich Heimat!“
Wir treffen Dennis Maier im Mannheimer Einkaufsquartier Q6Q7, vor den Türen des von ihm konzipierten und geleiteten Restaurants Emma Wolf. Gemeinsam mit seinem Küchenteam hat der Spitzenkoch nur wenige Tage vor unserem Treffen den begehrten Michelin Stern bereits im dritten Jahr in Folge erfolgreich verteidigen können. Dennoch bleibt das Emma Wolf Konzept weiterhin einmalig in Deutschland: noch nie zuvor wurde ein Gastronomiekonzept innerhalb eines Einkaufszentrums mit einem Stern ausgezeichnet. Woher der gebürtige Mannheimer seine Inspiration bezieht, ob er privat überhaupt noch unvoreingenommen essen gehen kann und weshalb es ihn, nach Stationen in der Pfalz, Frankfurt und Mallorca, wieder zurück nach Mannheim geführt hat – das und mehr fragten wir den Sternekoch in unserem gemeinsamen Gespräch.
„Ich hegte nie den konkreten Wunsch, Sternekoch zu werden, wusste lange Zeit nicht einmal, was das ist“,
erklärt mir der heute 37-Jährige. Er sei früher ein schwieriger und schlechter Schüler gewesen. Im Technikkurs in der Schule hagelte es schlechte Noten und so wechselte Dennis damals in den Hauswirtschaftskurs, kam dort zum ersten Mal mit dem Thema Kochen in Berührung. Es folgte die Teilnahme an einer Koch-AG und ein Schulpraktikum als Koch, bevor er letztlich seine Kochlehre im Firmenrestaurant der ABB begann.
Seinen ersten Stern erkochte sich Dennis bereits 2014 als Küchenchef im Frankfurter Sra Bua by Juan Amador. Bis dahin führte ihn der berufliche Weg nach seiner Ausbildung über weitere Stationen im Mannheimer Grissini, einem Jahr auf Mallorca und der Stelle als Sous Chef im Ketschauer Hof in Deidesheim. Mit Emma Wolf , benannt nach seiner Großmutter, kehrte der Gastronom wieder zu seinen Mannheimer Wurzeln zurück.
„Mannheim ist für mich Heimat, hier komme ich her, hier ist meine Familie, hier sind meine Freunde.“
Mit dem außergewöhnlichen Restaurantkonzept Emma Wolf erfüllte sich Dennis einen lang gehegten Traum und setzte seine ganz eigene Vision von moderner Bistronomy in die Tat um: erstklassige Speisen in lockerer Atmosphäre ohne die vermeintliche Steifheit eines Luxusrestaurants.
Nicht nur der Michelin Stern an der Tür verrät: hier steht ein Ausnahmetalent am Herd. Wir möchten wissen, wie viel Handwerk im Beruf des Koches steckt:
„Du brauchst einen gut ausgeprägten Geschmackssinn, um herauszufinden, ob etwas zu süß, zu salzig, zu sauer oder zu bitter ist. Auch wenn du diesen trainieren und schärfen kannst, spielt hier sicherlich auch Begabung und Talent eine Rolle. Viele Techniken verändern sich über die Jahre, dennoch: Kochen ist und bleibt ein traditionelles Handwerk, sonst würden wir uns wohl jeden Tag in die Finger schneiden.“
Hört man Dennis über die Erfolge und Meilensteine seiner Karriere sprechen, wirkt er äußerst bescheiden. Ganz anders hingegen, wenn man den frisch gebackenen Papa nach seiner Tochter fragt. Töchterchen Leni kam Ende letzten Jahres zur Welt. Auch wenn die Nächte seither unruhiger und kürzer sind, strahlt Dennis über das ganze Gesicht, als er mir erklärt, wie selbstverständlich er sein Kind mit dem Thema Essen und Genuss aufwachsen lassen möchte:
„Wir nehmen unsere Tochter von Anfang an direkt mit in die Materie, da bedarf es nicht vieler Worte. Sie ist schon jetzt oft im Emma Wolf zu Besuch, wir haben viele Bücher zum Thema Essen zuhause – so wird sie auf ganz natürliche Weise an das Thema Essen herangeführt.“
Der stolze Papa hat seinem Nachwuchs sogar ein Gericht auf der aktuellen Karte gewidmet. „Welcome little Leni“ wird als Kombination aus Walnuss Custard, Bananen und Kaffee in einem Babygläschen serviert.
Die Arbeitstage als Koch sind üblicherweise lange, der Druck in stets gleichbleibender Qualität abzuliefern ist allgegenwärtig. Als Ausgleich zu seinem oftmals stressigen Berufsalltag verbringt Dennis am liebsten Zeit mit seiner kleinen Familie, gerne auch im Freien. Bei einem Spaziergang im Käfertaler Wald oder einem Ausflug in die Pfalz kann der Spitzenkoch gut abschalten.
„Ich liebe es rauszugehen, bin aber auch ein Typ, der mal Zeit für sich braucht. Ich liebe Kunst und Musik, versuche alles aufzusaugen, was mich selbst interessiert und inspiriert.“
Während Dennis früher Graffitis sprühte, lässt er seiner eigenen Kreativität heutzutage beim Kochen freien Lauf.
„Ich drücke mich über das Kochen aus, hier kann ich meine Kreativität ausleben. Ich sehe etwas, schmecke etwas und lasse mich davon für wiederum neue Gerichte inspirieren.“
Kann man als Koch denn privat überhaupt noch unvoreingenommen essen gehen?
„Ich weiß in der Regel, was mich bei einem Restaurantbesuch erwartet. Erwarte dann aber auch nicht mehr oder weniger und bin damit zufrieden. Und natürlich gehen wir privat nicht nur in Sterne-Restaurants essen. Am Ende ist doch die Hauptsache, dass es lecker ist und schmeckt!“
Aufgrund der langen Arbeitszeiten hat Dennis jedoch oft gar nicht die nötige Zeit, um neue und angesagte Restaurants auszutesten. Auf Reisen und im Urlaub nimmt er sich hierfür dann gerne und ganz bewusst Zeit. So testete er sich im vergangenen Jahr an fünf Tagen in Barcelona durch insgesamt sechs Sternerestaurants.
Wenn Dennis nicht gerade den Kochlöffel schwingt, sitzt er – so oft es der straffe Zeitplan zulässt – vor dem Tonaufnahmegerät. Im Podcast Kau und Schluck spricht er gemeinsam mit Kollege und Koch Chris „Nanoo“ Bloß über Themen rund um Gastronomie, Essen und Geschmack. Aus einer fixen und recht spontanen Idee im Jahr 2017 ist ein mittlerweile erfolgreiches Projekt entstanden. Auf lockere, schonungslos ehrliche und (im Branchenjargon nicht unüblich) auch mal etwas ruppigere Art, liefern Chris und Dennis hier interessante und kompetente Einblicke in die Welt des Kochens und die Eigenheiten der Gastronomie.
„Wir arbeiten gerade an einem Kau und Schluck-Kochbuch. Dabei besuchen wir verschiedene Leute aus der Branche, um gemeinsam mit ihnen zu kochen und das Ganze als Kochbuch und Podcast zu dokumentieren. Die Gerichte lassen sich dann beim Podcast hören nachkochen.“
Auch für Nicht-Gastronomen definitiv sehr hörenswert!
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