Genuss | 21. November 2019 | Daniel Adler

Das Märktchen

Das Bewusstsein von den Leuten muss sich einfach wieder ändern

Es ist schon ein komisches Bild, das sich immer wieder in unseren Supermärkten bietet. Maiskolben in Plastik verpackt, statt in Ihrer eigenen, natürlichen Schutzhülle belassen, Erdbeeren „aus der Region“, die nicht aus dem Rhein-Neckar-Gebiet, sondern aus Nord-Rhein-Westfalen stammen und Kokosnuss-Öl, das explizit als vegan ausgezeichnet wird.

Zwischen Nachhaltigkeitsdiskussionen und Klimaprotesten, der Forderung nach Saisonware und Regionalität, aber auch der Suche nach der idealen Ernährungsweise scheinen Märkte und Verbraucher den natürlichen Bezug zu Nahrungsmitteln verloren zu haben.

Dabei könnte es so einfach sein: Schließlich gab es Zeiten, da war es schlichtweg Usus regional und saisonal einzukaufen. Wenn auch die Lebensmittelindustrie marketingtechnisch getreu dem Motto „viel Lärm um nichts“ agiert, findet in den Köpfen vieler ein Umdenken statt. So auch bei Letizia Sciascia (30) und Thomas Scheller (36), die erst vor wenigen Wochen „Das Märktchen“ in der Schwetzingerstadt eröffnet haben.

Das Märktchen ist ein kleiner Obst- und Gemüseladen mit Fokus auf regionale und saisonale Produkte von Landwirtschaftsbetrieben aus der Umgebung. Wer als Zulieferer in Frage kommt, entscheiden Letizia und Thomas nach einem Besuch beim Bauern selbst.

„Für uns gilt je näher desto lieber, dann hat man den persönlichen Kontakt, kann auf die Felder fahren und sich auf Hühnerhöfen die Zustände vor Ort anschauen“,

erzählt mir Thomas, der in Frankenthal als Kind von Landwirten aufwuchs. Noch heute bauen seine Eltern Kartoffeln und Mais selbst an, und beliefern auch Das Märktchen. Zum Sortiment des Märktchens gehören Obst, Gemüse und regionale Produkte, wie Honig von einem Ludwigshafener Imker, Weine aus der Pfalz, Eier aus Bodenhaltung aus Ruchheim und Freilandeier aus der Nähe von Worms.

„Was wir bei den Eiern ganz gerne dazu sagen ist, dass auf beiden Höfen die Hühner frei sind, die einen drinnen, die anderen draußen. Beide Betriebe machen das Futter selbst für die Tiere“,

erklärt mir Letizia. Im Gespräch mit Thomas und Letizia wird schnell klar, dass Labels wie „Bio“ oder „regional“ beim Märktchen eher zweitrangig sind, denn: Anstatt blind auf Marken zu vertrauen, machen sich die Beiden lieber selbst ein Bild von den Betrieben, von denen sie ihre Produkte beziehen.

Nicht alle Produkte im Märktchen sind aus der Region. So finden sich im hinteren Teil des Ladens auch Südfrüchte oder Gemüsesorten, die nicht in Deutschland wachsen.

„Wir versuchen den Spagat zu schaffen zwischen „dem Kunden alles anbieten zu können“, dabei aber vor allem regionale und saisonale Waren zu verkaufen“,

meint Thomas.

Aus gegebenem Anlass will ich dann noch wissen, ob der Klimawandel die Philosophie hinter dem Märktchen beeinflusst. Hierbei sind sich beide einig:

„Ja, definitiv. Das Bewusstsein von den Leuten muss sich einfach wieder ändern. Es bewegt sich zwar in die richtige Richtung, aber es geht sehr langsam voran. Es ist ja wirklich schon geholfen, wenn du dich saisonal ernährst. Damit verursachst du automatisch weniger Transportkosten und weniger Verpackung. Das müssen die Leute einfach mehr zu schätzen wissen und in Kauf nehmen, dass es dann vielleicht zwei Monate vor allem Kraut und Rüben gibt, und nur ab und zu eine Avocado.“

Das Konzept des Ladens greift tiefer als der Versuch, das Bedürfnis nach Nachhaltigkeit und Klimabewusstsein beim Kunden zu stillen. Viel mehr wollen Letizia und Thomas mit dem Märktchen „back to the roots“, zurück in eine Zeit, als regionales und saisonales Einkaufen noch selbstverständlich war.

„Schlicht und ergreifend sind wir einfach nur ein Obst- und Gemüseladen, so wie früher“,

bringt es Thomas auf den Punkt und ich finde, das klingt erfrischend ehrlich und authentisch.

Related Posts

Waldpark Update: „Wenn die Bagger rollen, ist es zu spät!“
Genuss | 15. Dezember 2021

Waldpark Update: „Wenn die Bagger rollen, ist es zu spät!“

Mehr zum Thema

von Daniel Adler


So schön ist Stuttgart!
Genuss | 15. Oktober 2021

So schön ist Stuttgart!

Mehr zum Thema

von Daniel Adler


Ein Wochenende in Heidelberg
Genuss | 14. August 2020

Ein Wochenende in Heidelberg

Mehr zum Thema

von Daniel Adler


rnv-Fotowettbewerb
Genuss | 31. Juli 2020

rnv-Fotowettbewerb

Mehr zum Thema

von Daniel Adler


View More